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Nach NATO-Treffen: Wachsender Druck versetzt ukrainische Armee in eine ausweglose Lage

Die Ergebnisse des NATO-Treffens in Brüssel sind für die Ukraine ernüchternd. Lieferungen von Kampfflugzeugen und Raketen mit großer Reichweite wurden Kiew verweigert, dafür vermutlich unerfüllbare Bedingungen für die weitere Unterstützung gestellt.
Nach NATO-Treffen: Wachsender Druck versetzt ukrainische Armee in eine ausweglose LageQuelle: Gettyimages.ru © John Moore / Staff

Von Rafael Farchutdinow

Am Dienstag und Mittwoch hat in Brüssel ein weiteres Treffen der Kontaktgruppe zur Unterstützung der Ukraine stattgefunden. Und obwohl das ukrainische Militär im Rahmen eines neuen Hilfspakets recht viel an Panzerfahrzeugen erhalten wird, haben die NATO-Staaten Kiew das Wichtigste verweigert, nämlich Jagdflugzeuge und ATACMS-Raketen mit großer Reichweite von bis zu 300 Kilometer.

"Ich denke nicht, dass wir in den kommenden Monaten oder sogar Jahren unbedingt Kampfflugzeuge übergeben", sagte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wies ebenfalls auf das Fehlen der Frage von Flugzeuglieferungen an die Ukraine auf der Tagesordnung hin. Später wiederholte der Pentagon-Chef Lloyd Austin die Worte seiner Verbündeten:

"Momentan kann ich nichts Neues bezüglich der Flugzeuge sagen."

Vor diesem Hintergrund rief Polen dazu auf, Druck auf die NATO-Verbündeten auszuüben. Der Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak sagte:

"Uns ist bewusst, dass unser Potenzial in diesem Bereich beschränkt ist. Wir haben nur 48 Flugzeuge vom Typ F-16, doch die Verbündeten haben viel mehr. Ich denke, dass diese Verhandlungen zu einer positiven Entscheidung führen werden, doch dazu ist Druck notwendig."

Dennoch bestand das Leitmotiv des Treffens nicht in Erfüllung von Wladimir Selenskijs Bitten, sondern in Aufstellung von Forderungen an die Ukraine vonseiten der NATO. Austin sagte:

"Wir erwarten, im Frühling eine Offensive von ihnen zu sehen. Deswegen arbeiten wir hart mit den Partnern aus der Kontaktgruppe, damit die Ukraine über Potenzial in der Panzertechnik verfügt, um den nötigen Effekt auf dem Schlachtfeld zu erreichen."

Nach einiger Zeit war der ukrainische Verteidigungsminister Alexei Resnikow gezwungen, dieser Forderung öffentlich zuzustimmen. Er fügte hinzu:

"Im Hinblick auf die Technik wurden die Fristen genannt. Alle Möglichkeiten ihrer Lieferung an die Ukraine hängen vor allem mit Ausbildungszeiten zusammen. Wir reden von einigen Monaten, wenn wir vollständig bereit sind. Und danach werden gemäß der Entscheidung des Generalstabs diese oder jene Ereignisse passieren."

Dabei hatte die Zeitung Washington Post kurz davor angemerkt: Die USA halten die nächsten Monate für "entscheidend" für den Ukraine-Konflikt. Laut der Zeitung sagten dies der stellvertretende nationale Sicherheitsberater Jon Finder, die Vizeaußenministerin Wendy Sherman und der Vize-Verteidigungsminister Colin Kahl bei verschiedenen Treffen mit ukrainischen Politikern. Somit werden die USA nach Meinung der Experten neue Investitionen wie Raketen mit großer Reichweite oder Kampfflugzeuge in das Projekt "Streitkräfte der Ukraine" nur dann bewilligen, wenn sich die kommenden Monate auf dem Schlachtfeld als erfolgreich erweisen. 

Die Formel "Lieferungen gegen Siege" könnte tatsächlich der ukrainischen Führung vermittelt worden sein. Andererseits gibt es auch rein technische Gründe: Europa hat nicht mehr so viele Waffen für das ukrainische Militär übrig. Deswegen wählt der Westen das Argument "Wir haben euch auch so viel gegeben, zeigt uns Siege oder zumindest den Versuch einer Offensive", erklärte der Politologe und Amerikaforscher Malek Dudakow. Er fügte hinzu:

"Dabei hat das ukrainische Militär offensichtlich keine Möglichkeit, gleichzeitig Donbass zu verteidigen und erfolgreich im Gebiet Saporoschje vorzustoßen, um die Krim zu bedrohen. Doch selbst unter der Annahme, dass die Streitkräfte der Ukraine irgendwelche Erfolge vorweisen, werden Europa und die USA Waffen, Munition und Technik nicht schneller produzieren", fügte er hinzu.

"Beachten Sie, dass die größten antirussischen 'Falken' wie Polen es nicht eilig haben, F-16-Kampfflugzeuge an die ukrainischen Streitkräfte zu übergeben, denn sie wollen die eigene Luftwaffe nicht entblößen. Das Gleiche ist auch bei Raketen mit großer Reichweite zu beobachten", bemerkte der Experte.

"Dennoch übt die NATO Druck auf Selenskijs Regierung aus, mit dem Aufruf, eine große Gegenoffensive zu beginnen. Wozu? Es ist sehr einfach: Joe Biden bereitet sich auf den Wahlkampf vor. Er will in der aktiven Phase seiner Kampagne als ein Retter der Demokratie auftreten und als jemand, der den Konflikt in der Ukraine beendet. Wenn nicht auf dem Schlachtfeld, dann schon am Verhandlungstisch", führte Dudakow aus.

Der Experte vermutete:

"Das heißt, dass die ukrainischen Streitkräfte sich maximal anstrengen sollen, damit der Westen die Verhandlungen mit Russland mit starken Karten beginnen kann. Anscheinend besteht gerade darin die Verhaltenslogik der Biden-Administration."

Der Militärexperte Alexei Leonkow sagte:

"Im Grunde stellt der Westen das ukrainische Militär vor eine unerfüllbare Aufgabe. Die ukrainischen Soldaten sollen für die Aussicht auf den Erhalt von F-16 sterben. Doch ob diese Lieferungen in Zukunft stattfinden, kann noch niemand sagen, selbst die größten Russophoben unter den westlichen Politikern."

"Darüber hinaus zeugt das von westlichen Regierungsvertretern angesprochene Problem des Fehlens von Technik und Munition davon, dass die Kräfte der NATO hauptsächlich auf Kolonialkriege ausgelegt sind, während derer weniger Geschosse verbraucht werden, als jetzt in der Ukraine", fügte er hinzu.

"Nun beginnen geheime Ränkespiele zwischen Selenskijs Amt, den ukrainischen Streitkräften und der NATO. Die einen sagen, dass sie Artjomowsk aufgeben, weil der Westen nicht rechtzeitig Technik und Munition lieferte. Die anderen sagen, dass sich Lieferungen verzögern, weil das ukrainische Militär keine Erfolge auf dem Schlachtfeld vorweist. Ich vermute, dass in Zukunft der Westen Verhandlungen über eine Beendigung des Konflikts beginnen wollen wird, doch wird er so tun, als ob Selenskij selbst verhandeln will. Doch ein solches Szenario wird ihn kaum zufriedenstellen", vermutete Leonkow.

Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.

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