Russland

Ukrainische Frühjahrsoffensive – Was könnte das bedeuten?

Die voraussichtliche ukrainische Offensive dominiert zurzeit die Berichterstattung über den Konflikt, wobei konkrete Angaben widersprüchlich sind. Der Kriegsberichterstatter Andrei Rudenko analysiert, welche Ziele das ukrainische Militär an diversen Frontabschnitten verfolgen könnte.
Ukrainische Frühjahrsoffensive – Was könnte das bedeuten?Quelle: Sputnik

Von Andrei Rudenko

Die Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte sei für den 30. April geplant, berichtet Newsweek. In letzter Zeit publizieren die westlichen Medien geradezu fieberhaft Nachrichten über die ukrainische Gegenoffensive. Dabei sind die Angaben so unterschiedlich, dass klar wird, dass die westlichen Medien selbst zu einer Waffe in diesem Krieg wurden.

Die Washington Post äußerte Zweifel an der ukrainischen Offensive angesichts des Mangels an Offizieren und hohen Verlusten. Dabei bezogen sich die Journalisten auf einen hochrangigen Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte.

Politico meldete indessen unter Verweis auf westliche Waffenlieferungen:

"Die USA beeilen sich, Kiew auf die Frühjahrsoffensive vorzubereiten."

Bisher ist bekannt, dass der Westen über 1.000 Fahrzeuge liefern soll, davon etwa 400 Kampfpanzer, außerdem gepanzerte Mannschaftstransporter, Schützenpanzer und leicht gepanzerte Geländefahrzeuge. Dies schließt diejenige Technik, über die die Ukraine heute bereits verfügt, nicht ein. Was das Personal angeht, wurden auf westlichen Militärübungsplätzen drei Korps vorbereitet, aus denen mechanisierte Brigaden aufgestellt werden, insgesamt etwa 100.000 Mann stark.

Voraussichtlich wird die Ukraine auf mehreren Frontabschnitten angreifen, genauer gesagt – an allen. Wo sich die Hauptangriffsrichtung befinden wird, wird das Schlachtfeld zeigen.

Am Frontabschnitt Saporoschje beobachtet die russische Aufklärung eine Ansammlung von Reserven in den Gebieten Nikolajew, Cherson, Dnjepropetrowsk und Saporoschje. Von hier aus wird das ukrainische Militär in Richtung Melitopol vorrücken. In letzter Zeit unternimmt es Erkundungsvorstöße gegen die Verteidigungslinie bei der Stadt Pologi. Eine Einnahme dieses Ortes würde den Weg nach Tokmak und direkt nach Melitopol eröffnen. Von dort aus ist es möglich, sowohl nach Berdjansk vorzustoßen und den dortigen Hafen zu blockieren, als auch nach Genitschesk, das nur einen Katzensprung von der Krim entfernt ist.

Ebenfalls am Frontabschnitt Saporoschje ist auch ein Schlag gegen Ugledar mit anschließendem Vorstoß nach Wolnowacha und Mariupol möglich, doch nur, falls Wadimir Selenskij eher an einem Informationssieg interessiert ist.

An der Verteidigungslinie von Swatowo könnte das ukrainische Militär nach einem Durchbruch gegen Starobelsk marschieren und Rubeschnoje einkesseln. Gleichzeitig würde ein Angriff aus Kupjansk und Liman stattfinden. Im Fall eines ukrainischen Erfolgs geriete der Ballungsraum Lissitschansk-Sewerodonezk in einen Kessel. Dennoch erwartet Kiews Militär hier eine unangenehme Überraschung, nämlich erfahrene Mobilisierte, die an diesem Frontabschnitt seit Herbst kämpfen und den Gegner längst geschlagen und die Initiative übernommen hatten.

Am Frontabschnitt Artjomowsk könnte die Ukraine eine Revanche versuchen. Schließlich hatte die Wagner-Gruppe den ukrainischen Oberbefehlshaber Waleri Saluschny empfindlich verletzt, indem sie seine Verbände an diesem Frontabschnitt zerschlagen hatte und über 37.000 Soldaten des Kiewer Regimes in der Schwarzerde des Donbass beerdigt hatten. Der Ehrgeiz des ukrainischen Befehlshabers könnte ihm einen schlechten Dienst erweisen, und er könnte versuchen, die "Schnittstellen" zwischen den Wagner-Einheiten und Russlands Streitkräften anzugreifen und Artjomowsk einzukesseln.

Am Donezker Frontabschnitt ist ein Angriff auf die Hauptstadt der DVR möglich. Doch wird es sich dabei voraussichtlich um eine Ablenkung der russischen Artillerie und Luftabwehr von anderen Frontabschnitten handeln, um massive Artillerieangriffe auf die Stadt abzuwehren. Die Nazis werden sich vor nichts zurückschrecken.

Bei den eigentlichen Angriffen wird, denke ich, nichts Neues passieren. Die Bewegung wird in taktischen Kompaniegruppen erfolgen, die zehn bis zwölf Panzerfahrzeuge beinhalten und von Luftabwehr und Artillerie gedeckt werden. Die Aufgabe des Gegners besteht darin, sich in unsere Verteidigung einzukeilen und den Flaschenhals für nachrückende Hauptkräfte auszuweiten, um den Brückenkopf auszudehnen. Wahrscheinlich wird die Hauptangriffsrichtung je nach Verlauf der Ereignisse bestimmt.

Wir haben dem Gegner genug entgegenzusetzen, was die Angriffe auf Pologi bereits zeigten. Im Verlauf der Erkundungsangriffe auf die dortige Verteidigungslinie verloren Kiews Truppen Dutzende Fahrzeuge und bis zu 100 Soldaten. In vergangenen Monaten erschien an der Frontlinie eine große Anzahl der russischen Panzer vom Typ T-90, Luftabwehrsysteme und Artilleriegeschütze. Vieles wird auch von der Arbeit unserer Luftstreitkräfte abhängen, die in letzter Zeit gesteuerte Bomben gegen Versammlungen des ukrainischen Militärs effektiv einsetzen. Allem Anschein nach bleibt bis zu den wichtigsten Ereignissen nicht mehr viel Zeit und wir werden bald alles selbst erleben.

Ich wünsche uns allen den Sieg! Ich bin mir sicher, dass dieser Kampf der schwierigste und dabei entscheidend sein wird.

Übersetzt aus dem Russischen.

Andrei Rudenko berichtet seit 2014 über das Kriegsgeschehen im Donbass. Er arbeitet für die russische staatliche Rundfunkanstalt WGTRK.

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