Meinung

"Bis zum letzten Ukrainer": Die zwei Dekaden Ukraine sind vorbei

Immer wieder ist in den westlichen Medien von der nächsten "ukrainischen Offensive" die Rede. Doch wie kann die Ukraine "bis zum letzten Blutstropfen kämpfen", wie es der britische Ex-Premier Boris Johnson einmal formulierte, wenn dem Land die jungen Menschen ausgehen?
"Bis zum letzten Ukrainer": Die zwei Dekaden Ukraine sind vorbeiQuelle: Legion-media.ru

Von Wladimir Kornilow

"Bis zum letzten Ukrainer" – konnten wir im Verlauf des letzten Jahres ziemlich oft hören. Erinnern wir uns daran, wie am Vorabend der Spezialoperation, am 1. Februar letzten Jahres, der britische Premierminister Boris Johnson, der maßgeblich an der Entfachung des Ukraine-Konflikts beteiligt war, in Kiew öffentlich verkündete: "Die Ukrainer werden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen". Der daneben stehende Führer des Kiewer Regimes, Wladimir Selenskij, zeigte keine Reaktion auf diese Worte, sondern schrieb lediglich etwas auf. Anscheinend hielt er die Anweisungen seines Londoner Schirmherrn als seine eigene Aufgabe fest.

Neulich kommentierte Wladimir Putin die Entscheidung Großbritanniens, Munition mit abgereichertem Uran in die Ukraine zu schicken, mit einer traurigen Feststellung: "Anscheinend hat der Westen beschlossen, gegen Russland bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen – nicht in Worten, sondern in der Tat". Wohlgemerkt, wir haben dies immer als "eine Tragödie des ukrainischen Volkes" betrachtet und ein Ende des Blutvergießens gefordert. Doch Selenskij hat es schriftlich zu seinen Aufgaben gemacht: "Bis zum letzten Tropfen". Und so geschieht es.

Und dieser Tage wurde das Ausmaß der Tragödie von The Times ungewollt ans Licht gebracht, gerade von der Zeitung, die unermüdlich eine antirussische Propagandakampagne führt. In einem weiteren solchen Artikel zitierte deren Kriegskorrespondent den ehemaligen ukrainischen Wirtschaftsminister Tymofiy Milovanov, der zur Beachtung der Altersstruktur seines Landes riet und darauf hinwies, dass es praktisch keine Menschen im Alter von zwanzig Jahren mehr gebe.

Die Zeitung beschloss, die Worte des ehemaligen Ministers zu illustrieren, und veröffentlichte die Alterspyramide auf ihrer Webseite. Die Redakteure der Times machten es sich einfach, indem sie die statistischen Daten der UN aus den Jahren 2021 und 2023 übereinander legten. Dieser Vergleich ist schockierend. Nachdem die Redakteure offenbar gemerkt hatten, wie schrecklich dies für die Ukraine aussieht, entfernten sie die Grafiken später stillschweigend von ihrer Webseite, doch im Druck blieben diese erhalten.

Die Zahlen der statistischen Abteilung der Vereinten Nationen bestätigen diese Entwicklung in der Tat. Noch im vergangenen Jahr lag der Median der Zwanzigjährigen in der Ukraine (sowohl Mädchen als auch Jungen) bei etwa 200.000 für jedes Geschlecht. Die Angaben für das laufende Jahr zeigen, dass es etwa 60 000 Jungen im Alter von 21 Jahren gibt und noch weniger Mädchen – etwa 50 000. Man stelle sich vor, was für ein Bevölkerungsrückgang in nur einem Jahr!

An dieser Stelle muss betont werden, dass diese Zahlen nicht aus dem Himmel gefallen sind. Die Tabelle bezieht sich auf offizielle statistische Daten aus der jährlichen Veröffentlichung World Population Prospects, die vom UN-Sekretariat herausgegeben wird. Die Verfasser der Tabellen betonen dabei, dass sie die Veränderungen der ukrainischen Grenzen in den letzten Jahren nicht berücksichtigen und auch die militärischen Verluste nicht einbeziehen. Das heißt,  man hat weitaus höhere Angaben über die Bevölkerung zugrunde gelegt, die vor dem Krieg bei über 40 Millionen lag. Dabei hatten die ukrainischen Behörden vor der Spezialoperation selbst zugegeben, dass in ihrem Land nur etwa 30 Millionen Menschen leben.

Hinzu kommt, dass die militärischen Verluste in den Tabellen der UNO sehr grob erfasst sind. Die Statistiken beruhen hauptsächlich auf den offiziellen Aufzeichnungen über die Migration und auf der Tatsache, dass mehr als sieben Millionen Menschen die Ukraine im letzten Jahr verlassen haben. Wenn also die militärischen Verluste der ukrainischen Streitkräfte und deren Ausmaß von allen anerkannt wird, und wenn man den Verlust eines bedeutenden Teils des Territoriums zu den offiziellen UN-Zahlen hinzufügt, dann kann man sicher zu dem Schluss kommen, dass der Ukraine die Zwanzig- bis Fünfundzwanzigjährigen ausgegangen sind! Und dieses Alter hat die höchste Reproduktionsrate.

Somit folgt Selenskij exakt dem Befehl Johnsons, "bis zum letzten Ukrainer" zu kämpfen. Bei solch einem Rückgang der Anzahl von Kindern und Jugendlichen, den die UNO in der Ukraine verzeichnet, wird dieses Land, dieses Territorium einfach der Zukunft beraubt. Dabei hätte Selenskij dies alles verhindern können.

Eines Tages wird man Selenskij fragen, wie der Präsident von Belarus, Alexander Lukaschenko, am Freitag zu Recht bemerkte:

"Warum hast du den Krieg nicht verhindert? Warum hast du nicht alles getan, damit es diesen Krieg nicht gibt? Und als er begann, warum hast du ihn nicht gestoppt?"

Das werden sie bestimmt fragen! Wenn es überhaupt noch jemanden gibt, den man fragen kann.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA News. 

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.