Meinung

Von Washington angezettelt: Ein Jahr Krieg Russlands gegen die versammelte NATO in der Ukraine

Die militärische Sonderoperation Russlands in der Ukraine währt ein Jahr. Ein Blick zurück zeigt, wie sich unter den USA- und NATO-Eliten sowie bei ihrem "Rammbock" Ukraine die Stimmung von anfangs enthusiastischer Kriegslüsternheit zu dumpfer Ausweglosigkeit gewandelt hat.
Von Washington angezettelt: Ein Jahr Krieg Russlands gegen die versammelte NATO in der UkraineQuelle: Sputnik © Russisches Verteidigungsministerium

Von Rainer Rupp

Ende Januar 2022 spitzte sich die Lage in der Ukraine gefährlich zu. Im Osten des Landes hatte die Selenskij-Regierung ihre von den USA und der NATO unterstützten Streitkräfte entlang der Waffenstillstandslinie zu den beiden Donbass-Volksrepubliken Donezk und Lugansk zusammengezogen. Zuvor bereits hatte Präsident Selenskij ein vom Parlament in Kiew verabschiedetes Gesetz unterschieben, das die ukrainische Armee zur militärischen Rückeroberung des Donbass und der Krim gesetzlich verpflichtete. Dieses Gesetz, das einen Krieg mit Russland vorprogrammierte, wäre ohne die Unterstützung der skrupellosen Abenteurer durch die Kriegstreiber in der US-Regierung und den übrigen NATO-Regierungen nie zustande gekommen.

Auch die Russen waren längst im Bilde, was für den Donbass geplant war, und hatten ihrerseits eine beachtliche Streitmacht von etwa 100.000 Soldaten mit entsprechendem Kriegsmaterial auf ihrer Seite der Grenze zum Donbass konzentriert. Zugleich ließ die Kreml-Führung durch öffentliche Verlautbarungen keine Zweifel aufkommen, dass Russland ein Blutbad an der Donbass-Bevölkerung durch faschistische Freiwilligenbataillone wie Asow nicht zulassen würde. In dieser angespannten Lage gossen die Falken im Weißen Haus, die in Washington, D.C. für den senilen Präsidenten Joe Biden die "Sprechzettel" für seinen Teleprompter bei Fernsehansprachen schrieben, noch zusätzlich das sprichwörtliche Öl ins Feuer.

In einem Gespräch mit der bereits ganz auf Kriegskurs gegen Russland eingenordeten New York Times (NYT) erklärten sie diesem leider noch immer hochgeschätzten Blatt, dass der US-Präsident Biden die Entsendung von mehreren tausend US-Soldaten sowie Kriegsschiffen und Flugzeugen an NATO-Verbündete im Baltikum und in Osteuropa erwäge. Diese bedeutsame Ausweitung des amerikanischen Militärengagements in unmittelbarer Nähe des potenziellen militärischen Zusammenstoßes zwischen ukrainischen und russischen Streitkräften wurde der NYT von US-Regierungsbeamten als eine angeblich höchst abschreckende Maßnahme gegen einen zu befürchtenden russischen Einfall verkauft. Denn die Gespräche bis dahin zwischen US-amerikanischen und russischen Diplomaten hätten den russischen Präsidenten Putin leider nicht zum Einlenken bewegen können.

Zur gleichen Zeit hatte das US-Außenministerium angeordnet, dass angesichts der Androhung einer russischen Militäraktion alle Familienangehörigen des US-Botschaftspersonals in Kiew aufgefordert werden, das Land zu verlassen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der USA hat davon allerdings nichts mitbekommen. Der Durchschnittsamerikaner weiß in der Regel nicht einmal, wo die Ukraine auf der Landkarte zu finden ist. Diejenigen, die den Namen Ukraine schon einmal gehört haben, denken dabei an ein bettelarmes, weit entferntes Land, das sie folglich auch noch nie interessiert hat.

Und dennoch haben die US-Politiker-Eliten in Vorbereitung auf den blutigen Maidan-Putsch im Jahre 2014 laut dem hochrangigen US-Regierungsmitglied Viktoria Nuland fünf Milliarden Dollar in die Ukraine "investiert", um das Land mit Korruption, mit antirussischer Propaganda und durch Unterstützung nationalistischer und faschistischer Gruppen diverser Gewaltextremisten zu destabilisieren. Und unmittelbar nach dem "erfolgreich" herbeigeputschten Sturz des demokratisch gewählten, aber gegenüber den West-Verlockungen skeptischen Präsidenten Janukowitsch haben die USA begonnen, Waffen im Wert von Hunderten von Millionen Dollar an die Regierung in Kiew zu liefern. Bis zum Ende 2022 hat die Ukraine von den USA und der EU Waffen und Finanzhilfen im Wert von insgesamt etwa 180 Milliarden Dollar bekommen, wobei die zig Milliarden Dollar Zuwendungen vom US-kontrollierten Internationalen Währungsfonds (IWF) im Laufe der Letzten Jahre nicht mitgerechnet sind.

Noch vor Beginn der russischen militärischen Sonderoperation in der Ukraine begann die US-Kriegspropaganda gegen den Präsidenten Wladimir Putin auf Hochtouren zu laufen. Der neue russische "Zar" Putin der Schreckliche wurde zu einem Monster in Menschengestalt, der sich aus größenwahnsinnigem Hunger nach einer Wiederherstellung der Sowjetunion bereits die Krim unter seine Klauen gerissen hatte und nun auch noch der blütenreinen Demokratie Ukraine das Industriezentrum Donbass rauben will. Parteiübergreifend entstand in den USA unter den Politiker-Eliten eine gemeinsame Front, um Wladimir Putin persönlich und seiner "Aggression die Stirn zu bieten".

Die Vorfreude der transatlantischen Kriegstreiber auf den von ihnen selbst provozierten Krieg in der Ukraine hatte dann bereits bei der 58. Münchner Un-"Sicherheitskonferenz" vor einem Jahr ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden. Wenn man sich die Videos von damals heute anschaut und den Reden und Kommentaren folgt, dann erkennt man die regelrecht euphorische Stimmung der damaligen Teilnehmer. Endlich hielt man den Zeitpunkt für gekommen, um Putin heimzahlen zu können, dass er den ihnen den Zugriff auf die russischen Ressourcen wieder entzogen hatte, nachdem sie während der Jelzin-Jahre des "Wilden Ostens" bereits fest davon überzeugt waren, Russland und dessen Führungsschicht vollständig "in der Tasche zu haben".

Der schrille und teils hysterische Lärm der westlichen Regierungen um den angeblichen "Schutz von Demokratie und Souveränität" in der Ukraine könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Der Ukraine-Krieg ist eine Schöpfung der auf neoliberalen "US-Werten" basierenden Weltordnung des amerikanischen Imperiums. Es ist zugleich ein Produkt der imperialen Überdehnung der USA, wobei den westlichen Eliten mit jedem Tag klarer wird, dass die Ukraine – selbst mit all der Hilfe von den USA mit angeschlossener NATO – nicht nur nicht gewinnen kann, sondern verlieren wird. Diese Erkenntnis hat sich offensichtlich in der bedrückten Stimmung der Teilnehmer auf der gerade zu Ende gegangenen Münchener Un-"Sicherheitskonferenz" niedergeschlagen, die in einem krassen Gegensatz zu der "Aufbruchstimmung" für das Kriegsabenteuer vor einem Jahr stand.

Derweil weigert sich die nationale Sicherheitskabale um den US-Präsidenten Biden weiterhin, auch nur einen einzigen Fehler zuzugeben, zurückzurudern oder ernsthafte Verhandlungen mit dem Kreml einzuleiten – falls sie überhaupt noch einen Russen finden, der bereit ist, ihnen zu glauben, dass sie nach der Betrug von Minsk II diesmal ehrlich und in gutem Bemühen verhandeln würden.

Die im Weißen Haus und im US-Außenministerium dominierenden neoliberalen Falken haben sich derart in ihrem ideologischen Irrgarten verrannt, dass sie den Eindruck vermitteln, lieber einen begrenzten Nuklearkrieg in Europa zu riskieren, als ihre Fehler eingestehen zu müssen und sich aus ihrem Ukraine-Abenteuer zurückzuziehen. Daher wird auch in nächster Zeit das Sterben von hauptsächlich ukrainischen Soldaten weitergehen, bis die Front zusammenbricht.

Dadurch würden die Kriegstreiber in Washington – wie zuvor in Afghanistan – durch die Fakten vor Ort gezwungen, entweder umzusteuern und die Ukraine fallen zu lassen oder womöglich mit polnischen und eigenen Soldaten die russische Armee in der Ukraine direkt zu konfrontieren. Der aktuelle, dreitägige Besuch des US-Präsidenten Biden in Polen vom 20. bis zum 22. März, bei dem es laut der britischen Nachrichtenagentur Reuters um "mehr Truppen" geht, könnte darauf hinweisen, dass die Kabale an eine weitere, diesmal extrem gefährliche Eskalation denkt.

Letzteres, nämlich eine direkte Konfrontation mit Russland, die womöglich als Bluff gemeint ist, aber aus der schnell blutiger Ernst zwischen den beiden Atommächten werden könnte, wäre diesen Wahnsinnigen in Washington durchaus zuzutrauen. Allerdings haben sie für ein solches Vorgehen keine breite Basis mehr, weder im US-Kongress noch beim Militär.

Der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin allerdings ist da eine Ausnahme. Er ist Bidens Mann und ganz auf der Linie seiner Kriegskabale. Der oberste US-Militär, General Milley, der schon immer ein politischer Opportunist war, wird jedoch im Ernstfall sein Fähnchen nach dem Wind hängen – und der bläst im sicherheitspolitischen US-Establishment zunehmend der Biden-Kriegskabale ins Gesicht.

Selbst in den zutiefst antirussischen Zirkeln in Washington, D.C. werden jetzt Zweifel immer lauter, ob die Kabale um den senilen Joe Biden mit ihrem Ukraine-Abenteurer nicht zu weit gegangen ist, zumal all deren Versprechen und Vorhersagen über den Krieg und die angeblich aussichtslose Zukunft Russlands sich als total falsch erwiesen haben.

So war sich die Kabale bisher absolut sicher, dass etwa infolge der Sanktionen die russische Währung und damit die Wirtschaft Russlands zusammenbrechen würden. Zugleich würde der Kreml aufgrund westlichen Drucks auf die Länder der sogenannten "Dritten Welt" international diplomatisch völlig isoliert werden, die russische Rüstungsindustrie würde wegen des Fehlens von im Ausland hergestellten technologischen Teilen lahmgelegt werden und so weiter und so fort. Das Gegenteil ist eingetreten.

Die russische Währung ist stärker als vor den Sanktionen, laut dem Internationalen Währungsfonds wächst die russische Wirtschaft dieses Jahr wieder um mehr als 2 Prozent. Statt des im Westen erhofften Rückgangs um bis zu 20 Prozent im vergangenen Jahr ist das russische BIP 2022 tatsächlich nur um knapp 3 Prozent zurückgegangen. Im Gegensatz zum dahinsiechenden Westen wächst die russische Wirtschaft schon wieder – und sie ist keineswegs in der Welt isoliert. Dagegen gehen die hoffnungslos überschuldeten westlichen Volkswirtschaften – teils wegen ihrer eigenen Sanktionen, aber auch aus vielerlei anderen Gründen – sehr schwierigen, wirtschaftlichen Zeiten entgegen.

Zu allem Überfluss waren die russischen Rüstungssparten in der Lage, kurzfristig ihre Produktion der gesamten erforderlichen Waffenpalette samt Munition zu vervielfachen, während in den westlichen Munitionslagern zunehmend gähnende Leere herrscht. Frühestens Anfang 2024 kann die Ukraine hoffen, vom Westen mit den von ihr geforderten Waffen und der passenden Munition versorgt zu werden, die sie jetzt bräuchte, um gegen Russland weiter nennenswerten Widerstand leisten zu können.

Das alles sind keine prorussischen Verschwörungstheorien, sondern diese Erkenntnisse stehen in den Studien von Top-Thinktanks des Westens, so in dem jüngsten Bericht der bedeutendsten Denkfabrik des US-Militärs, der RAND Corporation, oder beim US-Center for Strategic and International Studies, CSIS, oder beim Royal United Services Institute, also der ältesten und renommiertesten Denkfabrik des britischen Militärs, um nur einige zu nennen.

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