Die Staats- und Regierungschefs der EU haben etwas Wichtiges vergessen: Ihre Bürger
Von Rachel Marsden
Die Brüsseler Granden und verschiedene EU-Staatenlenker, die abwechselnd auf dem Podium der UN-Generalversammlung die westliche Kriegstrommel gegen Russland gerührt haben – alles im Interesse des "Friedens" natürlich –, vernachlässigten es, festzuhalten, was der durchschnittliche europäische Bürger tatsächlich will.
Entgegen den Wünschen ihrer Oberherren ist der durchschnittliche europäische Bürger nur bereit, bis zu einem gewissen Maß "für die Ukraine" persönliche Opfer zu erbringen – was auch immer das bedeutet, da es ziemlich offensichtlich ist, dass die Menschen in der Ukraine nicht vom gegenwärtigen Zustand dieses Konflikts profitieren, den die EU und die USA weiterhin befeuern.
Es ist eine Sache für den durchschnittlichen europäischen Bürger, sich hinter erhabene Werte zu stellen, die hochtrabend geäußert werden, solange es ihn nichts kostet. Oder zumindest, solange der Blick so trübe bleibt, dass die Bürger die Löcher in ihrer Brieftasche nicht mit den unerbittlichen Ausgaben ihrer Staatenlenker in Verbindung bringen können. Diesen scheinbar endlosen Konflikt in der Ukraine – einem notorisch korrupten Land – als "Verteidigung der Demokratie" zu verkaufen, funktioniert nur so lange, bis man zwischen dem Bezahlen der eigenen Rechnungen und dem Bezahlen all der Blankoschecks wählen muss, die man Kiew fast wöchentlich ausstellt.
In seiner Ansprache bei der UNO sagte der französische Präsident Emmanuel Macron in Bezug auf die Länder, die den Ukraine-Konflikt aussitzen, dass "diejenigen, die heute schweigen – ob gegen ihren Willen oder heimlich, in einer gewissen Komplizenschaft mit Putin – der Sache eines neuen Imperialismus dienen". Macron legte dann ein Lippenbekenntnis zum "Gefühl der Ungerechtigkeit" ab, das diejenigen empfinden, die den Preis für steigende Lebensmittel-, Energie- und Inflationskosten zahlen müssen. Die Botschaft war klar: Der Durchschnittsbürger muss die Forderungen der westlichen Eliten tolerieren, weil es ein moralischer Imperativ ist. Aber diese Durchschnittsbürger haben das alles schon einmal gehört, sei es bei den COVID-Einschränkungen oder bei den Vorschriften zum Klimawandel. Jetzt schließt sich der Kreis, und es werden Höchstwerte beim Heizen und beim Kühlen von Wohnhäusern festgelegt, aber diesmal "für die Ukraine".
Kein Wunder, dass Macron versucht, den globalen Süden zu züchtigen, der sich weitgehend aus dem aktuellen Fiasko ausgeklinkt und sich geweigert hat, sich an den westlichen Sanktionen gegen Russland zu beteiligen. Anders als die EU tun die Nationen des globalen Südens tatsächlich das, was ihrer Meinung nach das Beste für ihre eigenen Bürger ist. Ihr Ansatz wird wahrscheinlich ihren eigenen Ländern und Menschen zu mehr Wohlstand verhelfen, was wiederum von den Europäern bemerkt werden könnte, sobald sich ihre unbezahlten Rechnungen anhäufen und der Alltag immer anstrengender wird. Es macht also absolut Sinn, dass Macron und seine Kollegen in der EU wollen, dass alle im selben sinkenden Boot sitzen. Und sei es nur, weil es schwer ist, stichhaltige Argumente vorzubringen, dass die Ukraine ein globales Problem ist, das mehr Imperialismus erfordert, getarnt als westlich geführte globale Regierungsführung, während der größte Teil der Welt nicht daran glaubt.
Bei seinem Staatsbesuch in Mexiko-Stadt versuchte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador einzuschüchtern, damit Mexiko seine Neutralität und seine Weigerung aufgibt, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Es muss für Deutschland schlecht aussehen, dass ausgerechnet Mexiko, nachdem es sich aus dem Sanktions-Gemetzel herausgehalten hat, Deutschland jetzt eine Kooperation bei Gasgeschäften anbieten kann – selbst wenn es noch einige Jahre dauern wird, bis es strömen wird –, während Deutschland vor einer Deindustrialisierung steht, sich der Rationierung bei der Energieversorgung gegenübersieht und gezwungen wurde, den Gaskonzern Uniper zu verstaatlichen.
Unterdessen äußerte Bundeskanzler Olaf Scholz seinen Ärger darüber, dass das NATO-Mitglied Türkei vorhabe, sich aus der westlichen Zwangsjacke zu befreien und der von Russland und China geführten Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) beizutreten, was der Türkei effektiv ermöglichen würde, ihre Interessen vom Westen weg zu diversifizieren und damit ihre Exponierung gegenüber äußerem Druck zu reduzieren.
"Ich bin sehr irritiert über diese Entwicklung", sagte Scholz. "Aber am Ende ist es wichtig, sich darauf zu einigen, was uns antreibt, um deutlich zu machen, dass der russische Krieg gegen die Ukraine möglicherweise nicht erfolgreich sein wird." Mit anderen Worten: "Das gefällt mir nicht. Aber egal – solange man das sinkende Schiff unserer westlichen Ideologie nicht verlässt."
Scholz sollte sich mehr um den durchschnittlichen deutschen Bürger kümmern, der darüber irritiert ist, dass die eigene Regierung nicht so sehr darauf bedacht ist, die Energiesicherheit des eigenen Landes zu gewährleisten, nachdem man reflexartig die eigene Versorgung abgeschnitten hat.
Auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat am Rande der UN-Versammlung die Rhetorik der Schuldzuweisung der EU zum Ausdruck gebracht und der Presse mitgeteilt, dass der russische Präsident Wladimir Putin Energie als "Kriegsinstrument" gegen Europa einsetze. In Wirklichkeit waren es die europäischen Eliten, mit ihrer Politik gegenüber Russland, die ihre eigenen Bürger mit der jetzt auf dem Tisch liegenden Abrechnung konfrontiert haben. Und dieselben Eliten brauchen jetzt dringend, dass ihre Bürger glauben, das sei alles Putins Schuld. Aber wenn populistische Aufwallungen bei den jüngsten Wahlen in der EU ein Hinweis sind, dann wächst bei den Bürgern der Unmut gegenüber dem EU-Establishment. Wenn der Willen des Volkes weiterhin ignoriert wird, dann sollten sich die Eliten nicht wundern, wenn sich herausstellt, dass dies auf ihre eigene Gefahr geschieht.
Mehr zum Thema - Bundeskanzler Scholz kritisiert Erdoğans Pläne zum Beitritt in Shanghai-Organisation
Aus dem Englischen.
Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite finden man unter rachelmarsden.com.
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