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Schwierigkeiten mit der Wahrheit: Russland berichtet vor den UN über die Kinder aus dem Donbass

Russland hat auf einer UN-Sitzung die Menschen- und Kinderrechtsbeauftragten aus Moskau und Donezk sprechen lassen sowie Ärzte, Kinderbetreuer und freiwillig evakuierte Kinder. Thema war "Kinder im Kriegsgebiet". Anlass: Vorwurf der Kinderdeportation gegen Russland.
Schwierigkeiten mit der Wahrheit: Russland berichtet vor den UN über die Kinder aus dem DonbassQuelle: Sputnik © Pawel Lissizyn

Von Wladislaw Sankin

Nur weil Russland im April den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen hat, wurde er möglich: der Auftritt der langjährigen Menschenrechtsbeauftragten der Donezker Volksrepublik Darja Morosowa vor dem UN-Sicherheitsrat. Zu ihrem Fachgebiet gehören Kriegsverbrechen der ukrainischen Armee gegen die Bevölkerung des Donbass seit 2014. Im März haben die USA deren Auftritt bei einer Sitzung verhindert.

Am 5. April fand eine von Russland einberufene Sitzung nach der sogenannten Arria-Formel unter dem Titel "Kinder und bewaffnete Konflikte: Ukrainische Krise. Evakuierung von Kindern aus der Konfliktzone" statt. Zu den Vortragenden gehörte neben Morosowa auch die russische Ombudsfrau für Kinderrechte Maria Lwowa-Belowa. Nach dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag gegen sie und den russischen Präsidenten wurde ihr Name weltbekannt.

Nun nahm sie zu den Vorwürfen Stellung. Sie sagte, dass sie nur Fakten präsentiere – "wie viel Russland in Wirklichkeit für Kinder macht" – und betonte, dass Russland Kinder niemals zu Propagandazwecken missbraucht habe. Lwowa-Belowa erzählte über die Evakuierung der Familien mit Kindern aus der Zone des Konflikts, über die Unterbringung von Waisen in Adoptivfamilien, über Bildungsprogramme, medizinische Hilfe sowie juristische Aspekte ihrer Arbeit.

Die Ombudsfrau unterlegte ihre Worte mit Fakten, Zahlen und Videos. Es wurden mehrere Familien gezeigt, die Waisen aus dem Donbass adoptiert haben. Auch ältere Kinder kamen zu Wort und erzählten über ihr neues Leben. Lwowa-Belowa betonte, dass Russland keinem der Kinder die ukrainische Staatsbürgerschaft wegnehme, die russische werde nur zusätzlich angeboten. Sie äußerte die Hoffnung, dass ihr Auftritt nun eine sachliche Diskussion eröffnen könne.

Die Donezker Ombudsfrau ging dagegen mit der Ukraine, Vertretern des Westens und internationalen Organisationen hart ins Gericht. Sie sagte, dass es die Ukraine gewesen sei, die seit 2014 die Einwohner des Donbass zu Flüchtlingen mache. Nachdem Russland die Rettung von Kinderleben im Donbass verstärkt habe, hätten die Kuratoren der Ukraine die Bemühungen zur Diskreditierung Russlands intensiviert. Sie nannte folgende Zahlen:

"Bis zum Beginn der russischen Militäroperation im Donbass hatte die ukrainische Armee allein in der Donezker Volksrepublik 4.374 Zivilisten getötet, darunter 91 Kinder. Fast 8.000 Zivilisten wurden zudem unterschiedlich schwer verwundet, darunter 323 Kinder, von denen mindestens 27 behindert blieben."

Zusätzlich zur physischen Vernichtung der Einwohner des Donbass habe die Ukraine die Bevölkerung der Region seit 2014 einer Wirtschafts-, Lebensmittel-, Transport-, Informations- und Wasserblockade unterworfen. Während des Konflikts im Donbass habe die Donezker Volksrepublik etwa 600 Briefe an das Internationale Rote Kreuz, die UNO und UNICEF wegen Kriegsverbrechen des Kiewer Regimes geschickt – ohne jegliche Reaktion. Seit Beginn der Sonderoperation (24. Februar 2022) habe der ukrainische Beschuss 850 Bildungseinrichtungen in der Republik beschädigt und zerstört.

Sie schlussfolgerte, dass die Entscheidung Russlands über die Evakuierung der Zivilisten die einzig richtige gewesen sei, wobei die Evakuierung ausschließlich freiwillig erfolgte. Sie sagte:

"Die Anschuldigungen des Internationalen Strafgerichtshofs bezüglich der Zwangsevakuierung von Kindern aus dem Donbass in die Russische Föderation sind unbegründet. Mit dieser Entscheidung hat der IStGH seine fachliche Kompetenz diskreditiert und seine Voreingenommenheit unter Beweis gestellt."

Zu Wort kam auch der Leiter der Kinderabteilung des Republikanischen Traumazentrums der Donezker Volksrepublik Jewgeni Schilitsin. Er sagte, dass im Laufe des Jahres das Zentrum 137 Kinder mit Minen- und Explosionsverletzungen behandelte, die durch den Beschuss der ukrainischen Armee verursacht wurden. 17 Kinder wurden trotz Bemühung der Ärzte zu Schwerbehinderten.

Der Leiter der humanitären Kampagne "Kinder in die Hände" (Детям в руки) Alexei Petrow zeigte ein Video über seine Arbeit. Kindern und Jugendlichen aus den neuen Regionen Russlands werden intensive Weiterbildungskurse in Camps angeboten, wonach ältere Teilnehmer später oft selbst zu Freiwilligen werden. Es wurden bislang insgesamt sieben Camps mit Hunderten Kindern aus allen vier ehemaligen ukrainischen Regionen Donezk, Lugansk, Saporoschje und Cherson organisiert. Es finden Wettbewerbe statt, es wird getanzt und gesungen. Jugendliche erzählten begeistert vor der Kamera von ihren Eindrücken, woraufhin Petrow bemerkte, dass die Kinder authentisch seien.

"Sie haben gesehen, wie echt die Emotionen sind. Das ist keine Montage und keine Propaganda. Das sind einfach Kinder. Sie haben nichts zu verbergen, sie sind glücklich, sie sind in Sicherheit."

Die russische UN-Vertretung zeigte auch einen Augenzeugenbericht aus Artjomowsk. Eine Frau erzählte in einem Video der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, dass ukrainische Soldaten Familien aus der umkämpften Stadt, die sich weigern, ins ukrainische Hinterland abzureisen, die Kinder wegnehmen. Das stellt de facto eine Geiselnahme gegen diejenigen dar, die ihre Häuser nicht verlassen wollen und vermutlich auf die russische Armee warten. Die Kinder müsste man in den Kellern verstecken.

Wie war die Reaktion auf die russische Präsentation? Nach Protokoll der Sitzung müssen Vertreter der restlichen 14 Staaten im UN-Sicherheitsrat eine Stellungnahme abgeben. Die Vertreterinnen von Malta und Großbritannien verließen während der russischen Präsentation den Saal, kehrten aber zum abschließenden Teil zurück. Ihre Auftritte strotzten vor Abneigung und Hass gegenüber Russland. Russland habe "sogenannte" Vertreter aus der Donezker Volksrepublik sprechen lassen, seine Präsentation sei ein weiteres Beispiel der "russischen Desinformation und Propaganda", die bei einer UN-Versammlung nichts zu suchen hätten.

Insbesondere das Auftreten der maltesischen Sprecherin war bezeichnend. Sie las schnell und beinahe roboterhaft ihren Text vom Blatt vor. Gemessen an der Anzahl der antirussischen Propaganda-Floskeln hätte er genauso von einer Ursula von der Leyen stammen können.   

"Wie würden Sie reagieren, wenn jemand den Raum verlässt, während Sie sprechen, und dann den Zuhörern erzählt, dass er keinen einzigen Fakt in Ihren Ausführungen gehört hat? So hat sich die UN-Mission von Malta und Großbritannien heute bei unserem Arria-Formula-Treffen verhalten", so der russische UN-Diplomat Dmitri Poljanski auf Twitter.

Russlandkritische Ausführungen anderer prowestlicher UN-Vertreter fielen rhetorisch unterschiedlich aus – von einer diplomatisch ausgewogenen Kritik wie beim Auftritt aus Ghana bis zu einer Hass-Tirade wie bei der Rede des französischen Vertreters. Insgesamt haben trotz vorgelegter Informationen neun Staaten – USA, Großbritannien, Frankreich, Malta, Japan, Ecuador, Albanien, Schweiz und Ghana – Vorwürfe gegenüber Russland erhoben.

Der Vorsitzende der russischen UN-Mission Wassilij Nebensja nannte das Verhalten der Vertreter der USA, Großbritanniens, Maltas und Albaniens, die während des Auftritts der russischen Kinderrechtsbeauftragten Marija Lwowa-Belowa den Saal verlassen haben, eine "Schande für ihre Länder". UN-Vertreter aus China, den VAE, Gabun, Mosambik und Brasilien bewahrten Neutralität und riefen in allgemein formulierten Sätzen alle Seiten des Konfliktes zur Einhaltung der Kinderrechte und Einstellung der Feindseligkeit auf.

Zuvor hatte Großbritannien die Ausstrahlung der Sitzung auf der UN-Webseite aus Protest gegen den Auftritt der angeblichen internationalen Verbrecherin Lwowa-Belowa blockiert. Gestreamt wurde die Sitzung nur auf dem Youtube-Kanal der russischen UN-Vertretung. Der russische Journalist, Medienmanager und Mitglied der Gesellschaftlichen Kammer Alexander Malkewitsch erklärte ein solches Verhalten damit, dass das westliche Narrativ auf Verdrehungen und Lügen basiere.

"Natürlich kann man den normalen westlichen Bürger von der Wahrheit abschirmen, so viel man will, und politisch motivierte Fälle vor den Haager Gerichtshof bringen, aber man kann der Wahrheit nicht entkommen oder ausweichen", betonte Malkewitsch und fügte hinzu, dass die Rettung der Kinder eine unmittelbare Verantwortung eines jeden vernünftigen Menschen darstelle. "Die russischen Truppen und unsere Regierung lassen sich von diesem Prinzip leiten." Er sagte, dass Fakten, die durch Augenzeugenberichte, Videos und Fotos dokumentiert sind, nicht gelöscht oder blockiert werden könnten.

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