Europa

Innenministerium in Kiew: Ukrainischer Whistleblower getötet

Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums und gleichlautenden Medienberichten ist der ehemalige Rada-Abgeordnete und Whistleblower David Schwanija am Montag bei einem Artilleriebeschuss in der sogenannten "grauen Zone" ums Leben gekommen. Die behaupteten Umstände des Todesfalls werfen Fragen auf.
Innenministerium in Kiew: Ukrainischer Whistleblower getötetQuelle: AFP © Sergei SUPINSKY / AFP

Der Berater des ukrainischen Innenministeriums Anton Geraschtschenko twitterte am 9. Mai etwas, das in seiner Darstellung wie eine Erfolgsmeldung klingt: Der langjährige Abgeordnete des ukrainischen Parlamentes David Schwanija soll bei einem Artilleriebeschuss in der sogenannten "grauen Zone" in der Region Saporoschje getötet worden sein.

Die behaupteten Umstände des Vorfalls werfen Fragen auf, wie Geraschtschenko in seinem Tweet selbst zugibt: Der Artilleriebeschuss soll den Politiker an einem russischen Kontrollpunkt nahe des Dorfes Nowopokrowka getroffen haben. Das Dorf liegt zwischen den Frontlinien und wird von keiner der Konfliktparteien kontrolliert, was im Begriff "graue Zone" zum Ausdruck kommt. Dazu steht die Behauptung im Widerspruch, dass der Artilleriebeschuss einem russischen Kontrollpunkt gegolten haben soll. Außerdem ist völlig unklar, warum Schwanija sich zwischen die Frontlinien begeben haben soll und wie die ukrainische Seite seinen Tod außerhalb des eigenen Kontrollbereiches festgestellt haben will.

In ukrainischen Medien werden weitere Einzelheiten des angeblichen Vorfalls berichtet: Schwanija habe sich zum Zeitpunkt des Artilleriebeschusses zusammen mit einer weiteren Person, die Jahrgang 1972 sein soll, in einem Pkw der Marke VW aufgehalten. Schwanija soll sofort tot gewesen sein, die andere Person habe den Treffer aber überlebt. Der Leichnam des Ex-Ministers soll sich nun auf dem russisch kontrollierten Gebiet befinden.  

Eine unabhängige Bestätigung steht noch aus. 

Der 1967 in Tiflis, Georgien, geborene Politiker war Promaidan-Kräften seit Längerem ein Dorn im Auge und gilt ihnen als Verräter. Nachdem er 1999 die ukrainische Staatsangehörigkeit erworben hatte, engagierte er sich auf Seiten der proeuropäischen und nationalistischen Kräfte in der "Orangenen Revolution" des Jahres 2004 und während des "Euromaidan" der Jahre 2013 und 2014. Zwischen 2002 und 2014 war er Abgeordneter des ukrainischen Parlamentes und kurzzeitig Minister für Katastrophenhilfe im Kabinett von Julia Timoschenko. Seine politische Anbindung wechselte und brachte ihn 2010 sogar als Parteilosen in die Fraktion von Janukowitschs Regionenpartei, mit der er jedoch nach Beginn des Euromaidan im Herbst 2013 wieder brach.

Zwischenzeitlich hatte Schwanija auch behauptet, dass die angebliche Vergiftung des damaligen Präsidentschaftskandidaten und Profiteurs der "Orangenen Revolution" des Jahres 2004, Wiktor Juschtschenko, von Maidan-Kräften inszeniert gewesen sei.  

Wieder von sich reden machte Schwanija im Jahr 2020, als er in mehreren Videoauftritten die Hintergründe und Strukturen der Euromaidan-Bewegung offenlegte. Er erstattete Selbstanzeige wegen Beteiligung an einem Staatsumsturz in der Ukraine und in europäischen Ländern und bezichtigte Poroschenko, den Staatsstreich organisiert und finanziert zu haben. Unter anderem behauptete er, dass deutsche und europäische Politiker, die er der deutschen Staatsanwaltschaft namentlich nennen wollte, Bestechungsgelder von Poroschenko erhalten hätten, um Entscheidungen zugunsten der Ukraine auf europäischer und nationaler Ebene herbeizuführen.

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft ignorierte die Strafanzeigen von Schwanija. Ob die deutschen Staatsanwaltschaften auf diese Hinweise hin Ermittlungen aufgenommen haben, ist derzeit nicht bekannt.  

Mehr zum Thema - Oppositionellem Journalisten und Rapper gelingt Flucht aus Kiew

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.